Eigenmächtige Vorauszahlung der Handwerkerleistungen ohne Rechnung
Den Versuch war es (nicht) wert
Eigenmächtige Vorauszahlung der Handwerkerleistungen ohne Rechnung
Ausgangsfall
Die Kläger waren Eheleute und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen. Für die Erledigung verschiedener Handwerksarbeiten im Eigenheim traten die Eheleute in Kontakt mit einem Handwerksunternehmen.
Die Kläger erhielten ein Angebot über die Lieferung und Montage einer Öl-Brennwert-Heizungsanlage im Austausch gegen die vorhandene Ölheizung. Ein weiteres Angebot bezog sich auf die Lieferung und Montage einer Sanitäranlage. Bereits mit E-Mail vom 24.11.22 stellte der Kläger die Auftragserteilung für die beiden vorgenannten Arbeiten in Aussicht und schlug vor, einen Teil der voraussichtlichen Lohnkosten bereits in 2022 in Rechnung zu stellen, da er die anfallenden Lohnkosten steuerlich geltend machen wolle. Er sah als Abschlag 2/3 der kalkulierten Lohnkosten, mithin einen Betrag i. H. v. rund 5.200 EUR vor. Eine Reaktion auf diese E-Mail erfolgte seitens des Handwerksunternehmens nicht.
Am 19.12.22 überwiesen die Eheleute den eigenermittelten Abschlagsbetrag. Für die erst in 2023 durchgeführten Sanitärarbeiten erhielten die Kläger anschließend eine erste Abschlagsrechnung (3.7.23). Eine zweite Abschlagsrechnung (8.9.23) folgte. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger Aufwendungen für Handwerkerleistungen geltend. Mit Einkommensteuerbescheid wurden die Kläger sodann zur Einkommensteuer veranlagt. Das FA berücksichtigte die Zahlungen an das Handwerksunternehmen i. H. v. insgesamt 5.200 EUR mangels vorgelegter Rechnungen nicht. Mit nachfolgender Einspruchsentscheidung wurde der Einspruch der Kläger als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidung des FG Düsseldorf
Die streitgegenständlichen Aufwendungen wurden zutreffend nicht im Rahmen der Steuerermäßigung des § 35a Abs. 3 EStG berücksichtigt, da die weiteren Voraussetzungen des § 35a Abs. 5 EStG nicht erfüllt waren.
Elektronisch eigenmächtige Vorauszahlung genügt nicht dem Rechnungserfordernis
Eine Rechnung i. S. d. § 35a Abs. 5 S. 3 EStG lag im Streitjahr nicht vor. Im Gegensatz dazu stellen die Schlussrechnung sowie die Abschlagsrechnungen aus 2023 etwaige Rechnungen i. S. d. § 35a Abs. 5 S. 3 EStG dar. Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit fehlende Rechnungen nachbeschafft bzw. bezüglich des Rechnungsinhalts (insbesondere bezüglich der Aufteilung in Lohn und Material) nachgebessert werden können, sind die vorliegenden in 2023 ausgestellten Rechnungen jedenfalls nicht als Rechnungen für die streitgegenständlichen Zahlungen in 2022 anzusehen. Die Verrechnung einer bereits geleisteten Zahlung in einer Rechnung ist nicht gleichbedeutend mit einer Rechnung für diese (Voraus-)Zahlung.
Zeitpunkt der Aufwandsentstehung maßgebend
Eine Berücksichtigung der streitgegenständlichen Aufwendungen scheidet zudem auch deshalb aus, weil keine Aufwendungen getätigt wurden.
Handwerkerleistungen wurden im Streitjahr nicht erbracht. Zwar ist grundsätzlich für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung auf den Veranlagungszeitraum der Zahlung abzustellen, § 11 Abs. 2 EStG. Dies bedeutet jedoch – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG auf Arbeitskosten begrenzt ist (§ 35a Abs. 5 S. 2 EStG) – regelmäßig auch, dass die den Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen tatsächlich erbracht worden sind. Zwar sind nach Auffassung des FG Konstellationen denkbar, in denen Voraus- bzw. Anzahlungen vor Leistungserbringung im Veranlagungszeitraum der Zahlung anerkannt werden können. Dies bedingt allerdings, dass solche Zahlungsmodalitäten marktüblich und/oder (sonst) sachlich begründet sind, zumindest aber, dass sie seitens des Handwerksbetriebs angefordert wurden. Eine Anzahlung ohne jegliche Aufforderung des Leistungserbringers, mithin letztlich „ins Blaue hinein“ ist weder als marktüblich noch als sonst sachlich begründet anzusehen und kann daher nicht berücksichtigt werden.
Relevanz für die Praxis
Es ist immer wieder erstaunlich, mit welchen skurrilen Einzelfällen die Finanzgerichte betraut werden. Bemerkenswert ist, dass die Kläger im Streitfall tatsächlich eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG bei eigenmächtiger, auf elektronischem Wege mitgeteilten Vorauszahlung für tatsächlich ausgeführte Handwerkerleistungen im Folgejahr beanspruchten.
Im Ergebnis konnte das FG Düsseldorf nur mit der Unbegründetheit der Klageerhebung reagieren.
Es bleibt zu hoffen, dass die Triebfeder lediglich steuerliche Unkenntnis und nicht windige Berater, waren. Hierbei ist bereits nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen (sog. Zu- und Abflussprinzip) zu beachten, dass für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG regelmäßig auf den Veranlagungszeitraum der Zahlung gem. § 11 Abs. 2 EStG abzustellen ist.
Nur bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben, die hingegen innerhalb eines Zeitraums von bis zu zehn Tagen nach Beendigung bzw. vor Beginn eines Kalenderjahres fällig und geleistet worden sind, werden die Ausgaben dem Kalenderjahr zugerechnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Letztlich ist die Steuerermäßigung überdies davon abhängig, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung erfolgt ist (§ 35a Abs. 5 S. 3 EStG). Dies gilt grundsätzlich auch für Abschlagszahlungen.
Abschlagszahlungen können insoweit nur dann berücksichtigt werden, wenn hierfür eine entsprechende Aufteilung vorgenommen worden ist und eine Rechnung vorliegt, welche die Voraussetzungen des § 35a EStG erfüllt (BMF 9.11.16, BStBl I 16, 1213). Einem Obsiegen der Kläger vor dem FG Düsseldorf stand somit bereits der steuerliche Grundsatz des sog. Zu- und Abflussprinzips sowie das Rechnungserfordernis, welches sich nicht durch eine eigenmächtige Vorauszahlung auf elektronischem Wege ersetzen lässt, entgegen.